Ein Aufruf zu mehr emotionaler Sicherheit
Leserbrief FN: Der Schulbetrieb wird immer rauer vom 27. August 2025
Mit dem Schulbeginn kehrt auch der Druck zurück, vor allem für Kinder mit ihren Eltern, wie auch für Lehrpersonen. Wie Simone Munsch in ihrem Interview treffend beschreibt, ist dieser Druck selten förderlich. Wir erleben ihn täglich: erschöpfte Lehrpersonen, ratlose Eltern und Kinder, die in einem System funktionieren sollen, das kaum Raum für Beziehung lässt und stattdessen auf Leistung und Anpassung setzt.
Diese Situation lässt sich nicht von heute auf morgen lösen. Aber gerade deshalb braucht es Entlastung für Kinder, die in der Schule krank werden. Viele leiden unter Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit oder Rückzug, oft ausgelöst durch Angst. Frau Munsch betont, dass Kinder lernen müssen, sich dieser Angst zu stellen. Doch das gelingt nur, wenn sie sich sicher fühlen. Wie soll ein Kind emotionale Sicherheit erleben, wenn die Lehrpersonen selbst unter Druck stehen und emotionale Not kaum auffangen können? Es kann nicht sein, dass Eltern monatelang auf Abklärungen warten müssen, während Sonderschulen längst überlastet sind. Kinder, die leiden, brauchen rasche Hilfe, nicht irgendwann.
Schulen mit alternativen pädagogischen Konzepten zeigen, dass es anders geht. Sie arbeiten oftmals beziehungsorientiert statt bewertungsorientiert, setzen auf kreative Lernformen und bieten Raum für Entwicklung. Viele Familien können sich solche Lernräume nicht leisten. Stattdessen durchlaufen Kinder Therapien, um mit dem System zurechtzukommen, verbunden mit hohen Kosten für Eltern und die Gesellschaft.
Dabei ist schon längst klar, dass ein anderes Schulsetting vielen Kindern helfen könnte, ganz ohne Therapie. Wie Simone Munsch betont: Wertfreies, leistungsfreies Spiel stärkt die Leistungsbereitschaft, nicht Druck. Doch wo finden wir solche Räume in unseren öffentlichen Schulen? Trotz aller Erkenntnisse wehren sich viele Entscheidungsträger gegen diese kindgerechten Lösungen.
Dabei könnten solche Lernorte, wenn sie Teil des öffentlichen Bildungssystems wären, ein starkes Zeichen setzen: Dass wir bereit sind, gemeinsam für unsere Kinder Verantwortung zu übernehmen, statt sie durch soziale Schranken zu separieren. Lehrpersonen und Eltern, die sich ein anderes Umfeld wünschen, ernst nehmen und ihnen den Weg ebnen. Es gibt sie, die Menschen, die Veränderung wollen. Was fehlt, ist ein System, das sich öffnet: weg vom Druck, hin zu einem menschenwürdigen Miteinander, in dem weder Kinder noch Lehrpersonen krank werden.
Karin Lerch, Team FriKids