Brief ans Amt für Bildung von Beatrice Blaser -Aktivmitglied FriKids
Lieber Herr Maag
Liebe Frau Gardaz
Lieber Herr Arrighi
Hoffentlich geht es Ihnen gut.
Ich wende mich an Sie, weil ich mir erhoffe, dass Sie sich die Zeit nehmen werden, mein folgendes Anliegen bezüglich der öffentlichen Schule zu überdenken.
Seit Jahren beobachte ich den Schulbetrieb aus Sicht der Lehrperson, der Mutter, der Kinder. Obwohl ich seit Jahren nicht mehr aktiv als Lehrerin im Schulbetrieb tätig bin, bekomme ich sehr viel mit über meine drei Kinder, die Lehrerkollegen/kolleginnen, die Schulleitung, die Ergotherapeuten und auch aus der (ehemaligen) Tätigkeit im Elternrat oder von Lehrpersonen welche "eigene Schulformen" anbieten, weil sie hinter dem vorherrschenden Schulsystem nicht mehr stehen können.
Die Schule ist für mich ein Sinnbild der Gesellschaft. Die Schule ist ein Konglomerat, ein Zusammenspiel von unterschiedlichsten Akteuren, welche immer versucht sind, ein gewisses Gleichgewicht zu wahren. Alles was in der Schule (nicht) gehegt und (nicht) gepflegt wird, hat Konsequenzen für die einzelnen und das Ganze. Die Schule scheint nicht mehr im Gleichgewicht zu sein, denn die gesellschaftlichen Bedingungen/Herausforderungen der letzten Jahre haben sich massiv verändert: Die Ansprüche an die Kinder, Lehrpersonen, die Schule, die Schulleitungen usw. Die strukturellen Bedingungen der Schulen jedoch sind praktisch dieselben geblieben, wie vor 30 bis 50 Jahren. Dies führt zu Personalmangel und Überforderung auf allen Ebenen, eine Stresskultur die in der Schule nichts verloren hat, etabliert sich mehr und mehr. Sie wissen, von was ich spreche.
Die Kinder (unsere Zukunft) und auch ihre Begleiter, die Lehrpersonen, verdienen das Beste und die Verantwortlichen sollten endlich aktiv werden und dieser sich etablierenden Überforderung in den Schulen stellen und Lösungen bieten. Beispielsweise mit Klassenassistenzen. In der Sonderschulpädagogik werden bereits Assistenten eingesetzt, auf welche niemand mehr verzichten, könnte. Ein gutes Beispiel für Assistenz in den öffentlichen Schulen, ist das Seniorenprojekt, welches Anklang fand und gut funktionierte. Hier ist natürlich der wirtschaftliche Aspekt interessant, Senioren kosten nichts, doch es scheint mir eine Win-Win-Situation zu sein. Klassenassistenzen kosten und das muss bezahlt werden. Dennoch scheint mir die Rechnung längerfristig besser aufzugehen. Wenn in einer Klasse zwei Erwachsene sind, wird sich eine schwierige Klassensituation leichter handeln lassen als alleine, ob in der Regel- oder Sonderschule. Eine schwierige Klasse lässt sich besser unterstützen und führen zu zweit. Möglicherweise könnten Fachexperten reduzierter eingesetzt werden, einfach, weil die Klassenatmosphäre es Kindern mit beispielsweise einer Lernschwächen erlaubt, konzentrierter zu arbeiten. Die Lehrpersonen fühlen sich entlasteter und gleichzeitig unterstützt. Bei Elterngesprächen sind zwei Leute da, welche die Situation eines Kindes beleuchten können. Fremdsprachige Kinder könnten besser mithalten, verhaltensauffällige Kinder werden von Anfang an eng begleitet, schwierige Situationen können weniger eskalieren usw. lauter Vorteile, welche allen zu Gute kommen. Und, eine Klassenassistenz bedeutet nicht, dass alles komplett verändert werden muss, damit es funktioniert, es hilft von Anfang an und ohne grosse Einführung, das ist meine Überzeugung.
Gerne würde ich helfen, Klassen zu begleiten und dies wäre, nach einem Gespräch mit einer Schulleitung auch mehr als erwünscht. In anderen Kantonen wie Zürich, werden Klassenassistenzen erfolgreich eingesetzt.
Die Einführung von Klassenassistenzen im Kanton Freiburg könnte ein wichtiger Beitrag zur positiven Schulentwicklung sein. Eine gute Schule ist der beste Nährboden für eine gesunde Entwicklung von Kindern, und schliesslich der gesamten Gesellschaft, deshalb habe ich mich an Sie gewandt. Die öffentliche Schule liegt mir sehr am Herzen. Ich hoffe auch, dass ich damit etwas bewegen kann. Die Schulleiterin, mit welcher ich gesprochen habe, sagte mir, "die Schulen wären so dankbar, wenn endlich etwas in dieser Richtung passieren würde..., danke, dass du es probierst".
Mir ist klar, dass hier die Politik (auch) entscheidend ist, aber eben nicht nur. Politische Entscheidungsfindungen können sich über Jahre hinziehen, doch bis dahin ziehen sich dir Problematiken weiter, wie zum Beispiel der weiter ansteigende Personalmangel, welcher sich bereits diesen Sommer erneut abzeichnen wird. Dies muss gelöst werden, mit oder ohne Politiker.
In diesem Sinne, danke ich Ihnen für Ihre Kenntnisnahme, grüsse Sie herzlichst und hoffe, auf eine Rückmeldung oder allenfalls einen mündlichen Austausch.
Beatrice Blaser